Selbstführung heißt loslassen zu können

Ein Gastbeitrag unseres Kongress-Referenten Martin Stork
Wie dich Selbstführung viel schneller ans Ziel bringt, als gedacht. Weißt du überhaupt noch, auf welchen Berg du gerade steigst? Wer kennt das nicht? Wir rennen einem Ziel nach. Einem weiteren Punkt auf der niemals enden wollenden to-do-Liste. Ich möchte dir hier an einem Beispiel aus meinem Leben zeigen, warum loslassen ein echter Gewinn ist.
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Nach dem kurzen Dopaminkick lechzend, der sich für ein paar Sekunden so gut anfühlt. Eine weitere erledigte Aufgabe abhaken können. Ein weiteres Projekt abgeschlossen haben. Zu Covid-Zeiten wahrscheinlich aus dem Home-Office heraus. Zwischen Homestaying und Homeschooling. Deshalb ist es umso wichtiger, klare Grenzen zu ziehen. Bereits vor Corona schwappte die Arbeit durch Handy & Co in die eigenen vier Wände. Heute ist sie durch Homeoffice quasi eingezogen.

Wenn jetzt keine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben gezogen wird, sitzt nicht nur dein Chef zum Abendessen mit am Küchentisch, sondern dein Partner, deine Kinder und du selbst verlieren den Zugang zu dir als “Human Being”, da du zu einem “Human Working” mutiert bist. Immer der imaginären Karotte hinterherhechtend: “Schneller, weiter, höher, mehr, geht schon noch”. Dabei merken wir gar nicht, dass wir damit auf dem besten Wege sind, auszubrennen. Flasche leer! Ende Gelände – nichts geht mehr!

Vom “Human Doing” zum “Human Being”

Ich möchte dir mit diesem Beitrag eine neue Perspektive anbieten. Es gibt sozusagen bereits eine prophylaktische “Impfung” gegen diese Mutation zum “Human-Working”. Ganz ohne Terminvergabe. Direkt anwendbar:

Loslassen. Innehalten. Verschnaufen.

Der Frage nachzugehen, ob du dir überhaupt noch bewusst bist, auf welchen Berg du gerade steigst? Ist es überhaupt noch deiner? Ist er Teil deiner Vision? Erfüllt dich der “Aufstieg” (noch), macht er dich glücklich? Selbst-Bewusst-Sein (3 Worte in einem) kommt vor Selbstführung. Dazu eine wahre Geschichte zur Einstimmung:

Auf die Plätze, fertig, los!

Es ist 23.00 Uhr. 130 km Ultra-Lauf durch die Berge Gran Canarias. Ich fühle mich wie ein Packesel. Ich habe mehr Kalorien dabei als Wasser, da wegen Corona die Versorgungsstationen nicht viel Versorgungsoptionen anbieten werden. Es geht los. Vom Norden in den Süden. Es regnet. Es stürmt. Eher untypisch für die Kanaren. “Diese Nacht wird echt sportlich”, denke ich mir. Der Aufstieg im Nordteil der Insel gleicht einer Schlammschlacht. 

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Gebe niemals in der Nacht auf, im “Dunkel” deiner Gedanken. Auch wenn du glaubst, dass nichts mehr geht!

Wir Ultraläufer haben eine Grundregel: Gib niemals in der Nacht auf! Nicht nur draußen ist es dunkel. In meinem Kopf ziehen ebenfalls Wolken auf. “Wieso tue ich mir das an?” Jedes Jahr aufs Neue!” Dieses Jahr ist es das 7. Mal, das ich am TransGranCanaria teilnehme. Mit einem Unterschied: Ich muss mir nichts mehr beweisen. Habe die 130 km lange Strecke bereits zweimal erfolgreich abgeschlossen. Einmal sogar die längste Version, 270 Kilometer. Mein Ego darf heute sozusagen auf der Rückbank Platz nehmen — und gleichzeitig wird mir bewusst, dass dadurch meine intrinsische Motivation es sich ebenfalls auf der Rückbank gemütlich gemacht hat.  Dazu später mehr.

Durch den Regen gleicht der sogenannte Trail einer Eisbahn aus Schlamm. Die Höhenmeter gehen mehr in die Arme als in die Beine. Stück für Stück schieben mich meine Laufstöcke diverse Anstiege hinauf. Die Abstiege gleichen einer unkontrollierbaren Skifahrt. Ich habe Glück und kann diverse Stürze rechtzeitig abfangen. So geht es die ganze Nacht. Ich brauche 8 Stunden für 40 km. Schilder mit der verbleibenden Distanz machen Mut!

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Die Sonne geht langsam auf und ich schaffe gerade noch die Cut-Off-Zeit für die Versorgungsstation bei Kilometer 42… 

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Wecke ihn auf, deinen “Underdog”!

Auf einmal ist sie wieder da, die intrinsische Motivation. Meine Wut über die Bedingungen wecken den “Underdog” in mir auf. Den “Jetzt zeig’ ich euch, was möglich ist”-Antreiber. Leistung bringen. Ich kenne es nicht anders aus meinem Leben. Die ersten 40 Jahre meines Lebens war ich ein “Human Doing”, bis ich entdeckte, was es heißt, ein “Human Being” zu sein. Jetzt sitzt aber erstmal mein Underdog am Steuer. Vollgas. Koste es, was es wolle. Die Cut-Off-Zeiten dicht an den Fersen, geht es von Station zu Station. 

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Inzwischen bin ich auf knapp 1200 Meter Höhe angekommen und die Windböen fegen mit 80 km/h in der Spitze über die Bergkämme. Der Regen fällt inzwischen horizontal. Die nächste Station bei Km 70 liegt direkt vor mir. Inzwischen bin ich 15 Stunden unterwegs, habe 7.000 Kalorien verbrannt und bin mental immer noch erstaunlich gut bei der Sache. Station erreicht. Boxenstopp. Meine Schuhe sind hinüber und ich “durch” und durchgeweicht.

Das kenne ich bereits von anderen Rennen. Bei der 270-km-Variante des Rennens habe ich über 200 Kilometer mit künstlicher Haut für Verbrennungsopfer an meinen Füssen absolviert, nachdem ich nach 70 Kilometern keine Haut mehr an den Füssen hatte. Das kommt davon, wenn man mit nassen Schuhen weiterläuft. Mein Magen beschwert sich, und ich kann ihm keine Kalorien mehr anbieten, um den nötigen Verbrauch bis zu meiner Wechseltasche bei Km 88 zu decken. Im Rucksack herrscht gähnende Leere. 

Du hast die mentale Power, dich bis ins Ziel “zu treiben” – (Wann) ist das eine Stärke?

Damit habe ich Erfahrung. Ich weiß, wie das geht. Ich habe vor langer Zeit Freundschaft mit den Schmerzen des Ultralaufens geschlossen. Allerdings treibt mich heute eine andere Frage um: Ist das überhaupt noch mein Berg, den ich besteigen möchte? Bin ich bereit, die Konsequenzen dafür zu tragen, meinen Körper weitere 18 km zur Wechseltasche und dann noch mal 40 km bis ins Ziel zu prügeln? Werde ich mir und meiner Vision damit gerecht?

Auf einmal passiert es: “Klick”. Ein klarer Impuls fliegt durch meine Synapsen: Nein! Ich würde gegen meine Integrität verstoßen. Das ist heute nicht “mein Berg”. Und ich lasse los. Steige bei Km 70 aus dem Rennen aus. Ich bin überrascht. Es fühlt sich so leicht an. So richtig. Das Ego ist ein weiteres Mal besiegt, und ich bin mir selbst treu geblieben. 

Im Japanischen gibt es eine Bezeichnung für diesen “Klick”. In diesem Moment der Selbsterkenntnis, dem “Kenshō”, erkenne ich die wahre Natur meines “Seins”, mein (Human)-“Being”. Danach liegt es an mir, diese Erkenntnis in mein tägliches Leben zu übertragen, zu leben. Alles andere wäre Selbstbetrug.  

Pull the Plug! Enjoy the Ride!

Du kennst das bestimmt aus deinem Leben. Die Angst, den Stecker zu ziehen, ist größer als es dann endgültig zu tun. Du kämpfst dich gegen die größten Wellenberge voran, schluckst jede Menge Wasser, kommst nur langsam voran. Und dann tauchst du ab. Schaust dir von unterhalb der Wasseroberfläche die vorbeiziehenden Wellen an. Hier ist es still. Du bist voll bei dir. Und du fragst dich, warum du nicht viel früher schon ”abgetaucht” bist...Trau’ dich! Zieh’ den Stecker! Tauche ab! “Pull the plug.

Paulo Coelho hat dies so wunderbar beschrieben:”Schließe einige Türen. Nicht aus Stolz, Unvermögen oder Arroganz, sondern einfach, weil sie dich nirgendwo mehr hinführen”.

Enjoy the ride!” Denn nur, wenn eine Steckdose frei geworden ist, gibt es Platz für den neuen Stecker mit der Aufschrift: “Meine Vision: Authentisch. Wertvoll.” Mit dieser Realisierung beschenkst du dich mit innerer Freiheit. Dir selbst treu zu sein. Und das fühlt sich so geil an! Ja: geil. Du hast richtig gelesen.

Wo schwimmst du gerade gegen den Strom? In einem Fluss, der nicht (mehr) deiner ist?

Deswegen meine Frage an dich: Was ist es, das derzeit nicht mehr mit deiner eigenen Vision in Einklang ist? Was ist nicht mehr authentisch bzw. wertvoll für dich und dein Leben? Welchen Berg versuchst du “auf Teufel komm raus” hochzuhechten? Was gilt es liebevoll und bewusst loszulassen? Damit du deine wertvolle Energie für deine Herzensmission einsetzen kannst. Wenn du dir nicht sicher bist, suche deinen persönlichen Ort der Stille auf. Vielleicht ist es für dich ein Spaziergang in der Natur. Oder du setzt dich in dein Lieblings-Café. Eine Bibliothek. Eine leere Kirche. Eine Kapelle.

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Wenn die Stille Einzug erhält, stell’ deine “Lauscher” auf. Achte auf dein Bauchgefühl. Dein Herz. Beide kennen deine Wahrheit. Allerdings kommen sie nicht als Marktschreier daher, sondern flüstern lieber. Um ihre Botschaft zu hören, darfst du still werden. Um zuzuhören. Um bewusst loslassen zu können. Und damit in Selbstführung zu gehen. 

Zeit zum herzlichen Durchatmen

Dazu eine kleine Hilfestellung für dich: Sobald du an deinem Ort der Stille angekommen bist, mache es dir bequem. Wenn du magst, schließe deine Augen. Stelle dir in Stille die Frage, die dir “auf dem Herzen liegt”. Atme dabei bewusst in deinen Brustraum, in deine Herzregion. Achte auf Impulse die jetzt “auftauchen”. Normalerweise ist unser Herz sehr schnell, unsere Frage(n) zu beantworten. Allerdings ist unser Verstand genauso schnell, diese Antwort direkt zu kommentieren bzw. zu bewerten.

Du kennst das bestimmt. Die Antwort kommt. Sie fühlt sich super an. Und direkt danach kommt der Verstand mit dem “Aber das geht doch nicht! Das schaffst du niemals. Das ist unmöglich”.

Auch hier gilt: “Pull the plug. Enjoy the ride.”  Bist du bereit dafür? Ich wünsche es dir von Herzen.

Viel Erfolg dabei,

Martin Stork, MBA

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